Italiener und Aberglauben

Vor kurzem sagte ein Kunde zu mir: „Ihr Italiener und euer Aberglaube. Ihr habt doch für alles und jede Situation einen Ratschlag oder Spruch.“ Stimmt nicht ganz, aber… schaden kann es ja nicht. Italiener sind nämlich richtige Pessimisten. Jeder will jeden immer über’s Ohr hauen.

Das Wetter ist böse, zu heiß oder zu kalt und außerhalb von Mamas Küche zubereitetes Essen kann nur starke Magenbeschwerden hervorrufen.

Jeder Tag ist eigentlich ein waghalsiges Risiko. Aaaaaber… Es gibt ja Rituale, die das Unglück abwenden können.

Als ich klein war, bekam ich immer wieder eingebläut: „Stefania, stell’ deine Schuhe nicht auf dem Tisch ab, das bringt Streit.“ Das kann natürlich auch eine Erziehungsmaßnahme sein.

Ein weiterer, erziehungspsychologischer Schachzug: „Stefania, spann’ den Schirm nicht im Raum auf.“ Sie werden also bei uns eher triefend nasse, gefaltete Regenschirme finden als zum Trocknen geöffnete. Warum? Dieses würden nach italienischem Aberglauben einen Toten in der Familie bedeuten. 

Mein Vater, ein großer Wanderer, bringt uns jedes Jahr Kastanien mit und sagt, wir sollen diese in der Hosentasche tragen. Obwohl Kastanien in der Hose eher unbequem sind, besteht er darauf. Es bringe nämlich Glück. Ferner sollen sie Rheuma und Arthritis vorbeugen.

Meine Tante „Zia Fernanda“ sagte kürzlich: 
"Stefania, du musst aufpassen beim Brot schneiden.“ 

Wenn die nach oben gewölbte Brotseite auf den Kopf gelegt wird (weil es vielleicht handlicher zum Schneiden ist), dann wird einer aus der Familie am nächsten Tag böse Kopfschmerzen haben. Ich habe Sie verwundert angeschaut, aber nichts macht weniger Sinn, als mit Italienern über Sinn und Unsinn ihres Aberglaubens zu diskutieren.

Es gibt da so einiges: Zieht man einen Pullover falsch herum an, wird es Regen geben. Schielt man um Mitternacht, bleiben die Augen so stehen. Liegen Messer und Gabel über Kreuz, bedeutet das Italiener und Aberglauben… Unglück.

Achten Sie mal bei Tisch in geselliger Runde, wie ein anderer Ihnen das Getränk einschenkt. Tut er dieses mit einer Hand und überkreuzt dabei den anderen Arm, können Sie 100%ig davon ausgehen, dass Sie neben einem Verräter sitzen.

In Italien wird peinlichst genau darauf geachtet… also Obacht. Gerade bei Tisch, Achtung bei verschüttetem Salz, ein gefährliches Unglück droht! Um es abzuwenden, muss man das Salz aufnehmen und mit der rechten Hand über die linke Schulter werfen. Das Gleiche gilt für versehentlich verschüttetes Öl. Öl kann man nicht aufsammeln, also was macht man in diesem Fall? Mit Salz bestreuen.

Macht doch Sinn, oder? 

In Italien übrigens spricht man nicht von „auf Holz klopfen“ wie in Deutschland, sondern von „Tocca ferro“ – also Eisen anfassen. Dieses Eisen wendet Unglück ab (hat man kein Stück Eisen in der Tasche, neben der Kastanie, tut es ein Schlüssel zur Not).

Zweideutigkeiten gibt es auch, wie bei dem Buckligen. Handelt es sich um einen Mann, bringt er Glück, besonders wenn Sie seinen Buckel streicheln; handelt es sich jedoch um eine bucklige Frau, so bringt sie besonders viel Unglück.

Übrigens ist Neapel die Hauptstadt des Aberglaubens. Hier gibt es wohl mehr Talismane als Einwohner. Besonders wirksam gegen den „mal’occhio“, den bösen Blick, ist ein „corno“, ein blutrotes Horn in Form einer Pfefferschote. Doch Vorsicht: Selbst gekauft wirkt es nicht, man muss es sich schon schenken lassen. Überhaupt Geschenke: Sie möchten einem italienischen Freund eine Freude bereiten…super, aber schenken Sie niemals Chrysanthemen (Blumen für die Toten) oder gelbe Rosen (Farbe der Eifersucht), Messer (zerschneiden die Freundschaft) oder Taschentücher (sie bringen Leid und Weinen ins Haus).

Bringen Sie da lieber leckeren Wein, Pasta, Sugo oder Dolci mit. Von Lettinis vielleicht? 

Aberglauben in Italien - EIN PAAR IMpressionen

Das Haus mit allen Madonnen und Glücksbringern kann man in dem kleinen Ort Cutrofiano (Apulien) besichtigen.

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