Italiener und Cabrios
Man mag denken, in einem Land, wo fast immer die Sonne scheint, sich eine Ausfahrt an die andere reihen mag und die lauen Winde mit Duft nach Zitronen, Orangen und Rosmarin die Frühlingstage zu einem faszinierenden Traum machen, würden Cabriolets das beliebteste Automodell der Italiener sein.
Weit gefehlt, cari Amici. Sehr weit gefehlt!
Auf den Cabriolets, die man auf italienischen Straßen sieht, prangt hinten in den meisten Fällen ein weißer, ovaler Aufkleber mit der Kennung „D“. Manchmal erkenne ich auch die Kürzel NL, B oder A.
Ein „I“ für Italien – Fehlanzeige. Woher aber stammt diese ablehnende Haltung dem vordergründig so sinnmachenden, offenen Fahrvergnügen gegenüber bei scheinbar unzähligen Panoramakulissen?
Zunächst sicherlich das Vermeintliche – die dramatische Gefährdung der Gesundheit. Italiener könnten bei der Fahrt in einem offenen Gefährt einen bösen Luftzug am Nacken bekommen, der natürlich gleich übergeht in eine schwere Mittelohrentzündung mit drohendem Gehörverlust.
Ganz zu schweigen natürlich von der Versteifung des Halses und der angrenzenden Schultermuskeln. Die daran anschließende Entkrampfung unter Wärmepflastern und Kräuterwickeln kann sich über Tage hinziehen.
Ein weiterer wunder Punkt sind die Augen. Hier könnten, trotz vorgelagertem Schutz durch Sonnenbrillen dennoch angreifende Fremdkörper in die Augen gelangen.
Das Risiko der sofortigen Erblindung reist also auch immer mit.
Und wann soll man das Cabrio denn auch überhaupt nutzen, wenn draußen die Sonne scheint wohl kaum bei dem Risiko eines Übelkeit und eventuell auch Schlimmeres verursachenden Sonnenstiches.
Von Ausschlag, Sonnenallergie und anderen schlimmen Folgeschäden ganz zu schweigen. Das Wagnis des mobilen Gefährts an sich…
Cabrios eignen sich ferner überhaupt nicht! Dazu – das Auto mal eben kurz und in zweiter Reihe abzustellen, um etwa ins Caffé reinzuspringen und dem winkenden Arbeitskollegen Ciao zu sagen und den aktuellen Stadttratsch auszutauschen.
Denn dann würde in der Zwischenzeit natürlich sofort das Sichtbare aus dem Innenraum des Fahrzeugs entwendet.
Im Fadenkreuz boshafter Gauner stehen immer eines der drei Handys, Kleingeld, Radio, Navi, mitreisende Schutzpatrone oder andere lebensnotwendige Dinge aus dem zweiten Wohnzimmer des Italieners, wie Parfum, Handtücher, Zeitung, Kamm und natürlich die Einkäufe für das Abendessen.
Ein Albtraum auf vier Rädern!
Eine weitere Gefahrenquelle für den Fahrzeuginnenraum sind die vor einem fahrenden Transporter. Auf den Landstraßen Italiens begünstigen die Straßenschäden den Verlust von Wagenladungen. Diese landen dann naturgemäß im Innenraum des Cabrios.
Man denke hier etwa an offene Mülltransporter, vorausfahrende Erntefahrzeuge oder zum Wochenmarkt fahrende Hühnertaxis. Nein, deswegen kommen Cabrios auf keinen Fall in die hauseigene Garage und Touristen, auf deren Gesicht sich durch den angenehmen Fahrtwind und der beeindruckenden Kulisse Italiens ein Dauerlächeln einzeichnet, werden grundsätzlich als grob fahrlässig bezeichnet.
Und wenn all diese bereits mehr als überzeugenden Argumente gegen ein Cabrio dem geschätzten Leser immer noch nicht einleuchten, dann überzeugt das offensichtlichste Argument jeden Befürworter fürs Offenfahren am Ende dann doch.
Kein Haarspray und kein Makeup dieser Welt sind so gut, dass nach dem Ritt im Cabrio und dem peitschenden Fahrtwind die „bella figura“ am Ende der Fahrt noch gewährleistet wäre.
„Per fare bella figura“ verzichten die Italiener letztendlich auf das herrliche Gefühl von Freiheit auf vier Rädern im schönsten Cabrioland der Welt.
Panoramen...
... die einfach nur Lust machen das Dach zu öffnen und Dolce Vita einzuatmen!