Für Italiener ist Essen eine Religion. Punkt. Italiener sind in der Regel locker und unkompliziert, aber nicht, wenn es um das hohe Gut der Speisenzubereitung und der Speisenaufnahme geht.

Wenn Sie zum Essen eingeladen werden  – herzlichen Glückwunsch.

Sie haben nun intensive Stunden voller kulinarischer Überraschungen, vinophilen Untermalungen und angeregten Gesprächen vor sich. Doch es gibt einige kleine Regeln.

1. Es erwarten Sie viele Kalorien. Aber jede einzelne ist mit Liebe zubereitet worden und nur für Sie auf den Tisch gekommen. Denken Sie also unbedingt erst am nächsten Tag darüber nach, wie Sie diese wieder einsparen wollen. 

Das Mantra für den Moment – hier und jetzt genießen!

2. Finger weg vom Brot, Grissini oder gar vor Olivenöl strotzende Focaccia, bevor es losgeht. Voller Vorfreude sitzt man zwar am Tisch und der sprudelnde Aperitif will irgendwie begleitet werden. Vergeuden Sie aber auf keinen
Fall Ihren wertvollen Platz im Magen.

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Finger weg vom Brot!

3. Machen Sie sich keine Gedanken, was Sie essen möchten.

Es wird ohnehin serviert, was gerade saisonal, fangfrisch oder vom Chef empfohlen wird. In der Regel will man Ihnen so viele regionale Spezialitäten wie möglich auftischen, damit Sie einhellig zustimmen, dass die jeweils servierte Küche die beste Italiens sei.

4. Es geht also los mit Antipasti, nichts weniger als der „Gang vor dem Essen“.
Hier unterscheidet man aber nochmal zwischen kalten und warmen kleinen Gerichten. In der Regel finden sich hier selbst eingelegte Gemüse-Delikatessen, lokale Wurstwaren und Käsespezialitäten, sehr gerne auch Frittiertes in jeglicher Form. Es ist Ehrensache, dass Sie selbstverständlich alles probieren. Sie werden aber eher das Problem haben, dass Sie nicht aufhören wollen, weil Sie jetzt schon kulinarisch auf einem anderen Stern sind. Begleitet wird der kleine Einstieg in der Regel mit einem spritzigen, sehr kompatiblen Weißwein.

5. Eigentlich sind Sie schon satt, aber jetzt geht es an den Primo – also an den ersten Gang.
Es gibt in Italien rund 600 Nudelsorten und mit Sicherheit entsprechend viele passende Nudelsoßen dazu. Als Deutscher mit einem durchschnittlichen Konsum von 5,3kg pro Jahr hinkt man den Italienern mit stattlichen 28,2 kg deutlich hinterher.

Sie können sich nun ganz entspannt auf zwei bis drei Gänge Pastagerichte freuen. Pasta ist übrigens auch immer ein Gericht für sich und wird unter keinen Umständen als Beilage mit Fisch und Fleisch serviert.

Eine weitere Falle ist die unkontrollierte Verwendung von geriebenem Parmesan. Sie essen Nudeln mit Parmesan und nicht Parmesan mit Nudeln. Die duftende Soße ummantelt mit viel Liebe die langsam und schonend getrocknete Pasta und nur ein Hauch des weißen Käseelixirs ist gestattet. Und unter keinen Umständen
wird Käse mit Fisch oder Krustentieren gepaart.

6. Inzwischen dürften ca. zwei Stunden vergangen sein – und eine kleine Verschnaufpause vor dem Secondo wird eingeläutet. Beachten Sie bei der Wahl der Gesprächsthemen, dass Politik und Probleme Tabu sind. Der Fokus ist
beim Essen – auf’s Essen gerichtet. Rezepte, Zubereitungen, Hersteller und alte Tricks von Mama und Nonna. (Wenn Sie die anderen Kolumnen gelesen haben, sind Sie schon ganz weit vorne auf der sicheren Seite, was die Themenfindung auf dem glatten Parkett angeht) 

7. Sehnlichst herbeigewünscht dann der Fleisch- oder
Fischgang. Die Pflicht des Hauses wird ähnlich wie bei den Antipasti durch etliche Platten und Schüsseln auf dem Tisch aufgebaut. Der Secondo wird in der Regel serviert, alle Beilagen – frischer Salat, Gemüse in vielen
Variationen und wer mag noch extra Soße – stammen trendgemäß von lokalen Erzeugern und entsprechen natürlich der Saison. Ein kulinarischer Reichtum, der mit ausschweifenden Komplimenten gewürdigt werden sollte.

8. Am “Dolce” sollten Sie jetzt auf den letzten Metern auch nicht mehr verzichten. Nehmen Sie das Dessert mit abgestimmtem Dessertwein auf jeden Fall noch kulinarisch mit in diese 360°-Genusserfahrung, die Küche wird es
Ihnen danken und der Gastgeber macht dann mit Ihnen Bella Figura.

9. Das Angebot des Digestifs wie Grappa hat ja noch niemandem geschadet und schließt das umfassende Genusserlebnis ab. Und alles vermeintlich „Wichtige“, worüber Sie sich noch unterhalten wollten – das kann man dann einfach ganz entspannt in den nächsten Tagen besprechen.

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